19.9.07

DIE HELDEN DER HIRNTOTEN

Ein Gummersbacher Bürger bat mich um eine Einschätzung von "Pro NRW", da die "Bürgerbewegung" in seiner Heimatstadt Flugblätter verteilt hatte. Meine Antwort könnte auch für Nicht-Gummersbacher interessant sein:

Guten Tag!

Die „Bürgerbewegung pro NRW“ expandiert gerade landesweit. Jedenfalls versucht sie das. Einige wenige Kreisverbände sind im Rheinland („Rheinland-Offensive“) und im Ruhrgebiet entstanden. Im Rheinland sind bisher aber nur Ansprechpartner benannt. Das ist also (noch) keine wirklich große Sache, auch wenn sie es so darstellen. Und die übliche Papierschlacht starten.

http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/09/pulver-verschossen.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/search?q=oehme

Ziel ist es, in NRW flächendeckend bei der nächsten Landtagswahl antreten zu können. Zwar existieren vereinzelt auch Kreisverbände außerhalb NRWs, jedoch wurde ein strategischer Schwerpunkt auf unser Bundesland gelegt. ... „Pro NRW“ ist der Versuch, das „Erfolgsmodell“ „Pro Köln“ auf das Land zu übertragen. „Pro Köln“ gewann mit rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parolen bei der letzten Kommunalwahl 4,7 Prozent der Stimmen. Weil ein Ratsherr der Republikaner zu „Pro Köln“ überlief, ist die Fraktion nun mit 5 Vertretern im Stadtrat vertreten. Nach jahrelanger Suche (und vielen Fehlversuchen) ist es „Pro Köln“ gelungen, mit dem Thema Islam und Islamismus – beides wird in Eins gesetzt, differenziert wird nicht zwischen Muslimen, die fünf gerade sein lassen, harmlosen Spießern und Terroristen – in die Offensive zu kommen. Bundes-, teilweise weltweites Echo (New York Times) inklusive.

Dabei wird eine europaweite Vernetzung angestrebt, unter anderem mit Parteien wie der FPÖ in Österreich und dem Vlaams Belang in Belgien.

Die „Pro“-Bewegung bezeichnet sich selbst als rechtspopulistisch. Wenn wir die „Populismus“-Definition des Fremdwörter-Duden zu Grunde legen, betreiben sie also eine „demagogische Politik mit dem Ziel, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen“.

Hinter der Bewegung stehen zwei langjährige Akteure der rechtsextremen Szene: der Rechtsanwalt Markus Beisicht und Manfred Rouhs, ein im Berufsleben Gescheiterter, der sich selbst als Verleger bezeichnet. Rouhs startete bei der NPD. Beide waren Funktionäre und Stadträte der Republikaner, später der Deutschen Liga für Volk und Heimat. In ihrem Umfeld agierten der spätere Dreifach-Mörder von Overath und ein brutaler Totschläger (er schändete sein bereits totes Opfer).

http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/05/manni-und-der-dreifach-mrder.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/03/biedermanni-verhhnt-mordopfer.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/03/kamerad-mrder.html

Zu „Pro NRW“ strömen vor allem ehemalige Aktivisten vom rechten Rand der Republikaner, teilweise DVUler, mitunter sind in der Bewegung auch ehemalige NPDler aktiv (so der Vorsitzende von „Pro München“, dem wohl agilsten Teil der „Pro“-Bewegung außerhalb NRWs). Aber auch politisch unbedarfte Bürger, die mit einzelnen Fehlentwicklungen oder die generell enttäuscht sind, werden geködert.

Auf Demonstrationen von „Pro Köln“ stellten immer wieder NPDler und die Stiefelfaschisten der „freien Kameradschaften“ die Mehrheit der Teilnehmer. Gerne gesehen waren zumindest in der Vergangenheit solche Gestalten wie der dutzendfach vorbestrafte Nazi-Schläger SS-Siggi und Axel Reitz, der „Hitler von Köln“. Mitunter lobt man auch heute noch die deutsche Wehrmacht. Neuer Finanzier ist der Millionär und Holocaust-Leugner Günther Kissel. Und vor ein paar Tagen sollen „Pro NRW“-Kader sich mit dem stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel zum „Gedanken“-Austausch getroffen haben.

http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/08/pro-nrw-angelt-nazi-opa.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/09/spitzentreffen.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/06/npd-biedermanni-missbraucht-uns.html

Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen. Die „Pro“-Bewegung ist jedoch um ein biederes, modernes und demokratisches Image bemüht. Das steht im Widerspruch zu diversen propagandistischen Ausfällen und zu den Kontakten in das wirklich vollständig rechtsextreme Milieu, die man zu beschweigen versucht.

Man redet immer die halbe Wahrheit und nicht mehr und nicht weniger als die halbe Wahrheit. Das gilt sowohl für die behandelten Themen (reale Probleme werden aufgegriffen, vereinfacht, in das extremistische Weltbild eingepasst) als auch für die eigene politische Praxis und die eigenen „Erfolge“, die in peinlicher Weise schöngeschwätzt werden. Einige Beispiele finden Sie hier:

http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/06/sterreichischer-fhrer-will-kln-retten.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/06/aufmarsch-der-207-heit-pltzlich-groer.html
http://biedermanni-verliert.blogspot.com/2007/05/die-schande-nimmt-kein-ende.html

Denn natürlich hat die „Pro“-Bewegung keine realistischen realpolitischen Verbesserungsvorschläge oder gar Konzepte zu bieten. ... Das hört sich alles kompliziert und widersprüchlich an. Und das ist es auch. Es ist wohl nicht ganz einfach, sich als Rechtsextremist ein demokratisches Image zu geben. Zumal, wenn ein eher Grobschlächtiger (Beisicht) und ein eher strategisch Denkender (Rouhs) um die Vorherrschaft ringen. [...]

Manch einer nimmt ihnen die biedere Propaganda ab. Man kann auch sagen: Sie sind die Helden der Hirntoten. Die Klientel beklatscht wirklich alles, was ihr dargeboten wird. Von der Erwähnung des Kölner Doms bis hin zum Eingeständnis, in der Rede gerade den Faden verloren zu haben. Ich habe es selbst beobachtet.

Die Biedermann(i)-Strategie ergibt übrigens durchaus Sinn. Ich füge an dieser Stelle eine Analyse ein, die ich neulich für eine Gewerkschafts-Zeitung schrieb:


Das Wählerpotenzial für eine autoritäre, fremdenfeindliche, kurz: rechtsextreme Partei ist nicht zu unterschätzen. Es liegt bundesweit bei rund 18 Prozent, wie Untersuchungen des Berliner Politologen Richard Stöss nahelegen.

Was wollen diese Wähler? Sie wollen keine durchgeknallten Wirrköpfe mit Glatze und Hitlergebrüll. Sondern eine scheinbar seriöse Alternative zu den „Altparteien“. Sie wollen eine Partei, die gerade noch wählbar ist. Sie wollen Rechts-Außen, aber eben keine Rechts-Draußen.

Nüchtern betrachtet: „Pro Köln“ und „Pro NRW“ haben das verstanden. Sie versuchen, sich entsprechend zu inszenieren. [...]

Also: Was tun? Es ist enorm wichtig, die pseudo-demokratische Fassade der „Pro“-Bewegung einzureißen. Ihre Kontakte zu NPDlern und Holocaustleugnern (der neue „Pro“-Finanzier und Bauunternehmer Günther Kissel!) offenzulegen. Klar.

Aber man muss auch aufzuzeigen, dass sie Absahner sind und ansonsten wenig auf die Reihe bekommen. Ein Beispiel: Die „Pro Köln“-Ratsleute verdienen recht gut an ihrer Fraktion - als Rechtsanwälte und als Druckunternehmer. Manfred „Biedermanni“ Rouhs verdient gleich dreifach: als Ratsherr, als Fraktionsgeschäftsführer und als Gelegenheitsarbeiter für den Druckbetrieb seines Rats-Kameraden Bernd Schöppe. Der wiederum lebt offenbar von Druckaufträgen, die die Fraktion – sprich: Biedermanni – ihm zuschanzt.

Sie machen genau das, was sie anderen vorwerfen, sie füllen sich selbst die Taschen. Ohne den Hauch eines Skrupels. Der Rest ist Scheitern. Peinliches Scheitern. Groteskes Scheitern! Kurz: Sie sind nicht das, wonach die potenziellen Wähler einer „seriösen“ Rechtsaußenpartei dürsten. Sie sind für ihre konkrete Klientel unattraktiv – eigentlich.

Ich kann verstehen, wenn sie sich von den Fakten erschlagen fühlen. [...]

Beste Grüße

demokrat4711